Wenn die "grüne Smaragdinsel Java" von vielen Reisenden als die schönste aller Inseln gepriesen wird, so ist sicher wiederum der weite fruchtbare Thalkessel, in welchem das Städtchen G a r u t, der Sitz eines javanischen "Regenten" liegt, eine der prächtigsten Perlen von Java, wenn nicht die schönste von allen. Das blühende, weit ausgedehnte Gebirgsthal hüllt seine zahlreichen Dörfer in den üppigsten Mantel der tropischen Vegetation und ist rings von einem malerischen kranze hoher Vulcane umgeben, die theilweise noch heute aktiv sind: im Süden der gewaltige Kegel des Tjikorai (2815 Meter), dessen breite Basis die Hälfte des südlichen Horizonts einnimmt, im Südwesten der rauchende Krater des Papandajan (2615 Meter) und des Windu (2277 Meter), zwischen beiden der Kawa Manuk; im Westen der Malabar (2518 Meter) und der Gunong Guntur (1982 Meter); im Norden der zuckerhutförmige Haruman und der Tjiwi, Osten der Galungung (1167 Meter). Da der ebene Thalgrund von Garut (ein früherer Seeboden) 900 Meter über dem Meere liegt und reicht bewässert ist, besitzt er ein herrliches Klima.
Wegen dieser Vorzüge wird Garut seit einigen Jahren, seitdem die Zweigbahn nach Tjibatu fertig ist, vielfach als Sommerfrische und Luftkurort aufgesucht; es ist vorauszusehen, daß sich dieser Besuch noch bedeutend steigern wird, wenn die Reize der Gegend mehr bekannt werden. In der That läßt sich für die europäischen Bewohner des heißen Tieflandes, namentlich in Batavia, keine angenehmere Erholung denken, als ein Aufenthalt in dem kühlen Garut, das in einer Eisenbahnfahrt von neun Stunden (mit dem Schnellzuge) leicht zu erreichen ist. für angenehmen Comfort sorgen zwei vortreffliche Hôtels, beide nahe am Bahnhof gelegen: das ältere größere - Van Horck - und das neuere kleinere, ursprünglich als Sanatorium erbaut von dem deutschen Arzt Dr. Rupert, und nach dessen Tode von seiner Witwe in ein sehr freundliches und zweckmäßig eingerichtetes Gasthaus mit schönem Garten verwandelt; ich kann es allen deutschen Landsleuten, die nach Garut kommen, bestens empfehlen. Frau Dr. Thekla Rupert, geb. Luther, stammt aus Gotha; man findet bei ihr nicht nur treffliche Verpflegung (auf Wunsch deutsche Küche), sondern auch die beste sachkundige Auskunft über die Excursionen, welche man von Garut aus in das nahe Gebirge machen kann.
Der erste dieser Ausflüge am 9. Januar galt dem merkwürdigen Schlammvulcan Kawa Manuk. Da derselbe erst nach mehrstündiger Wagenfahrt zu erreichen und am die jetzige Jahreszeit nur am Vormittage auf gutes Wetter zu rechnen ist, mußte ich schon um vier Uhr aufstehen und eine halbe Stunde später den leichten dreispännigen Wagen besteigen. Eine solche schnelle, nächtliche Wagenfahrt in der Morgenfrühe der Tropen hat einen eigenen Reiz. Auf den vortrefflichen Wegen eilten unsere drei malayischen Pferdchen in gestrecktem Trabe durch das einsame Thal dahin, bald über ausgedehntes Terrassenland, in welchem Reisfelder verschiedenen Alters über einander liegen, bald durch stille, schlafende Dörfer, die in Bambus- und Palmengebüsch versteckt ruhen. Ueber dem leichten, nach allen Seiten offenen Wägelchen wölbt sich nur, auf sechs Eisenstäben befestigt, ein breites Schatten- und Regendach, so daß der Umblick nach allen Seiten frei ist. Auf der vorderen Bank sitzt der Kutscher, auf der hinteren der Fahrgast. In der ersten Stunde der Fahrt herrschte tiefes Schweigen in dem weiten Thal, über dem der Nachthimmel sein funkelndes Sternenzelt ausgespannt hatte. In der zweiten Stunde begann der Morgen zu dämmern, die Umrisse der Vulcane traten schärfer hervor, und muntere Vögel begannen ihr Morgenlied zu singen. Auch in den Dörfern wird es lebendig; die malayischen Bauern treten aus den geöffneten Hütten hervor und nehmen in den Wassergräben zu beiden Seiten der Straße ihr gewohntes Morgenbad. Die chinesischen Kaufleute öffnen ihre Läden, in denen nicht nur Eßwaren, sondern auch alle möglichen anderen Bedürfnisse zu haben sind.
Sobald die Sonne über dem breiten Rücken des Galungung im
Fig. 40. D o r f s t r a ß e i m P r e a n g e r L a n d (links Bambus-Gebüsch). |
---|
Osten emporgestiegen ist, ändert sich das Bild mit einem Schlage, und wir erstaunen über den goldenen Glanz, mit dem sie die großartige Landschaft übergießt. Die tiefen Schluchten in den Vulcanleibern des Papandajan und des Gunong Guntur treten scharf hervor; die Sawahfelder schimmern im zartesten Smaragdgrün, die breiten lichtgrünen Riesenblätter des Pisang und das Caladium werfen die Sonnenstrahlen funkelnd zurück, und aus tausend Gräsern glitzert der Morgenthau. Bald nach 6 Uhr bin ich in Pasir-Kiamis angelangt, dem Dorfe, in dem der Fahrweg endet. Mit dem Wedano, dem Dorfschulzen, der zugleich Kalipah (= Kalif) ist und mich sehr ehrerbietig begrüßt, verständige ich mich - größtentheils pantomimisch - darüber, daß ich den Weg zum Kawa Manuk hinauf nicht zu Pferde (Guda) sondern im Tragsessel (Tandu) machen will, und in kurzer Zeit stehen, außer dem Führer und Gepäckträger, noch acht Kulis bereit, die meinen Tandu zwei Stunden hinauf tragen sollen.
Es war das erste Mal auf meinen zahlreichen Reisen, daß ich mich dieses bequemen, in Indien sehr beliebten Beförderungsmittels bediente. Frau Dr. Rupert hatte mir besonders dazu gerathen, da die Reitpferde auf dieser Strecke unsicher und die Wege zum Theil sehr schlecht sind. Der Preis für Tragsessel und acht Träger ist derselbe wie für ein Reitpferd; bis zum Kawa Manuk 2 1/2 Gulden, dazu noch der Führer und der Träger je 1/2 Gulden; außerdem 1 Gulden Trinkgeld. Der Tandu oder Palankin besteht hier aus einem einfachen leichten Lehnsessel, dessen Füße und Trittbrett an vier senkrechte Bambusstangen festgebunden werden. Diese sind oben an zwei langen horizontalen Bambusstangen befestigt, welche die vier Träger auf ihre Schultern nehmen, zwei vorn und zwei hinten. In Zwischenräumen von 20-30 Minuten wechseln sie ihre Last mit den vier anderen Trägern; alle fünf Minuten legen sie die Tragstange abwechselnd auf die rechte und die linke Schulter. Bergauf geht es in bedächtigem Schritt und, wenn der Weg steiler wird, unter beständigem ermunternden Zuruf, auf ebener Erde und bergab dagegen in munterem Trab. Die schaukelnde Bewegung, die dabei entsteht, wird von vielen Personen als unangenehm empfunden; bei mir war dies nicht der Fall. Ich fühlte mich in diesem achtfüßigen Vehikel sehr behaglich, da man sich gar nicht um den Weg zu bekümmern braucht und beständig die schöne, wechselnde Scenerie zu beiden Seiten betrachten kann. Außerdem amüsirten mich die munteren Scherze und Gesänge meiner Träger, die an dieser gewohnten Bergwanderung viel Vergnügen zu finden schienen - mehr als an der harten Arbeit in den Reisfeldern und Plantagen. Gegen Sonne und Regen ist man auf dem luftigen Sitze durch ein leichtes Schattendach aus Bambus geschützt, welches oben an den Stangen befestigt wird.
Der erste Theil des Weges zum Kawa Manuk führt durch das malerische Dorf und die sich anschließenden Pflanzungen. Dann geht es bergauf durch wilde, von der üppigsten Vegetation erfüllte und von Bächen durchrauschte Schluchten; besonders entzückte mich wieder die unvergleichliche Schönheit der Farnbäume (Alsophila), deren Fiederkronen sich hier auf sehr hohen, palmengleichen Stämmen wiegten. Die großen blauen Trichterblumen einer kletternden Winde (Ipomoea) schmückten zu Tausenden die zierlichen Guirlanden, die sich von einem Baumfarn zum anderen schlangen. Tief unten in den wilden Schluchten tobten schäumende Wildbäche über schwarze Obsidianblöcke.
Weiter oben gelangten wir in eine große, meilenweit ausgedehnte Pflanzung von Chininbäumen, Daradjat. Die geraden Stämme dieser werthvollen Bäume, mit der hellen, glatten, fieberheilenden Rinde bedeckt, erheben sich säulengleich zu beträchtlicher Hohe und sind mit glänzend grünen, in der Jugend rothen Blättern bedeckt. Unser Weg steigt lange im Zickzack, gut gehalten, durch diese Pflanzung bergan und tritt dann oberhalb in einen schönen Urwald, ähnlich dem von Tjibodas. In einer Höhe von 1800 Metern sehen wir plötzlich weiße Dampfwolken durch das Astwerk der Bäume ziehen; gleich darauf öffnet sich der Wald, und wir stehen vor dem merkwürdigen Krater, der den Namen Kawa Manuk (= Vogelkrater) führt.
K a w a M a n u k ist ein eigenthümlicher S c h l a m m v u l c a n. Wir stehen unten im Grunde eines weiten, trichterförmigen Kraterbeckens, dessen sanft ansteigende Wände von Hunderten kleinerer und größerer Schlammkessel durchbrochen sind; der halbflüssige, hellgraue oder bläuliche Schlamm in denselben befindet sich in kochendem Zustande und entsendet zahlreiche Gasblasen, oder sprudelt selbst in Form kleiner Fontänen empor. Manche Schlammbecken sind auch mit einer schimmernden Kruste bedeckt, die wieder von aufsteigenden Gasblasen durchbrochen wird. Aus anderen erheben sich mehrere kleine Kegel mit durchbohrter Spitze: Schlammvulcane en miniature, die einen dünnen Dampf- oder Schlammstrahl aufwärts senden. Die nackten Wände der trichterförmigen Schlammbecken prangen in den buntesten und grellsten Farben, vorwiegend Gelb, Orange, Roth in den verschiedensten Abtönungen; an anderen Stellen Lichtblau, das einerseits in meergrüne, andererseits in violette und purpurne Töne übergeht. Das bunte Farbenspiel dieser Becken, aus denen der kochende Schlamm unter dumpfem Getöse seine Dampfwolken und Gasblasen emporsendet, ist oft ganz überraschend.
Unten im Grunde des großen Kraters fließen die milchigen, bläulichen Schlammbäche zur Bildung eines trüben Stromes zusammen, der über rothbraune und violette Tuffsteine wegsprudelt und dann durch eine weite Oeffnung der Kraterwand in den anstoßenden Wald abfließt. Hier saß ich eine Stunde und verzehrte mit ausgezeichnetem Appetit das mitgenommene Frühstück, das die Güte der Frau Dr. Rupert sehr opulent ausgestattet hatte. Mein Kulis, denen solche Stätten activer vulcanischer Thätigkeit als Wohnstätten böser Geister immer höchst unheimlich sind, hatten sich im nahen Walde gelagert. Ich war ganz versunken in die wunderbare Scenerie, die sich vor mir in lebendiger Bewegung entfaltete und mich in Gedanken in den Yellowstone-Park Nordamerika´s versetzte. Ein frischer Wind trieb die zahlreichen kleineren und größeren weißen Dampfwolken wirbelnd nach verschiedenen Seiten und umhüllte die niedrigen Bäume auf den Wällen des Kraters mit gespenstigen Schleiern.
An dem linken Abfall des Kraterrandes ist sehr geschickt ein schmaler Weg angelegt, welcher in verschiedenen Windungen zu den höheren Theilen des hügelreichen Bodens aufwärts führt. An den gefährlichsten Stellen genügt ein einziger unvorsichtiger Fehltritt, um den ausgleitenden Wanderer rettungslos in einen der kochenden Schlammkessel versinken zu lassen. Der mitgenommene Führer, der alle einzelnen Stellen genau kennt, ist hier von Nutzen. An meheren Stellen lief er mit seinen nackten Füßen eilig weiter, da der Fußboden hier glühend heiß ist; selbst durch die dicken Sohlen meiner Bergschuhe war die Hitze sehr fühlbar. Im hinteren Theile des Kraters liegen noch einige größere Kessel, durch höhere Hügelrücken getrennt und versteckt. Zu einem derselben hinabsteigend, wurde ich durch den Anblick eines kleinen kochenden Sees überrascht, in dessen Mitte eine Schlammfontäne mehrere Meter hoch empor sprudelt. Die Leiche eines drosselartigen Vogels, die auf der Eingeborenen zu bestätigen, daß alle Vögel, welche über diesen "Vogelkrater" wegfliegen, von den aufsteigenden sauren Dämpfen erstickt werden und todt herabfallen.
Sehr eigenthümlich ist auch die üppige Vegetation, welche sich auf den trockenen, heißen Schlammkrusten zwischen den zahlreichen Dampfkesseln entwickelt hat; sie besteht vorzugsweise aus "trocken liebenden oder xerophilen" Pflanzen und ist größtentheils sehr verschieden von derjenigen des nahen feuchten Urwaldes. Die charakteristischen saftreichen Begonien und Cyrtandren des letzteren, die zarten Hymenophyllen u. s. w. fehlen hier ganz. Dagegen überwiegen Sträucher und niedrige Bäume mit knorrigen Aesten, mit trockenen, spröden, lederartigen Blättern, zum Theil mit schönen, meistens rothen Blüthen; so Melastoma Molkenboeri, Rhododendron retusum, ein Feigenbaum mit verschieden geformten Blättern (Ficus heterophylla); sehr zahlreich ist ein Heidelbeerbaum, der auf diesen javanischen Vulcanen besonders gut gedeiht (Vaccinium varingiaefolium). Besonders charakteristisch für dieselben sind aber mehrere Farnkräuter: Polypodium vulcanicum, Lomaria vulcanica, Lycopodium vulcanicum; die auffallendste Art ist das seltsame Polypodium dipteris, das ich schon in Tjibodas bewundert hatte: ein stattlicher Farn, der im Habitus eher einer Araliacee oder Umbellifere gleicht: große runde Blätter, die ringsum tief eingeschnitten, handförmig, langgestielt und in großer Zahl zu hohen, fast kugeligen Büschen vereinigt sind. Dazwischen gedeiht gut ein anders Farnkraut, das auch sonst in den indischen Urwäldern sehr verbreitet und mein besonderer Liebling ist: Gleichenia dichotoma, zu Ehren des deutschen Naturforschers von Gleichen-Rußwurm so benannt. Durch die fortgesetzte Gabeltheilung der windenden Stengel und Aeste, die viele Meter lang werden, und die eigenthümliche Form der schlanken, zartgrünen Blätter unterscheidet sich Gleichenia sehr auffallend von den gewöhnlichen Formen. Sie wächst oft in so dichten Massen beisammen, daß sie gleich einem hellgrünen Sammetteppich ganze Abhänge bedeckt; auf dem rothen Lateritboden von Ceylon und auf den Gehängen des Buckit Tima in Singapur verschönert sie die tropische Scenerie nicht wenig, ebenso aber auch hier oben am Vogelkrater.
Nachdem ich noch einen Strauß von diesen Erzeugnissen der vulcanischen Flora gepflückt, trat ich gegen Mittag den Rückweg an. Zur großen Genugthuung meiner munteren Kulis legte ich denselben größtentheils zu Fuße zurück und bediente mich des Tandu nur tiefer unten, auf den längeren, ebenen Wegstrecken. Rasch ging es die steilen Bergpfade hinunter, und schon gegen 2 Uhr war ich unten in Pasir-Kiamis, kurz vor Ausbruch des gefürchteten Regengusses, den drohende, inzwischen angesammelte Wolken schon lange angekündigt hatten.
Nach dem Dorfe zurückgekehrt, wiederholte ich die Beobachtung, die bereits J e a n M a s s a r t bei seinem Besuche des Vogelkraters gemacht und in seinem "Botaniste en Malaisie" mitgetheilt hat (1895, S. 280). Ein kleiner Tümpel des Dorfes, der frühmorgens mit grünem Schleim bedeckt war, erschien jetzt Mittags blutroth. Dieser Farbenwechsel ist durch ein merkwürdiges, auchin unseren europäischen Teichen häufiges Protist bewirkt: Euglena sanguinea. Der mikroskopische, einzelne Organismus, der, zu Millionen angehäuft, jene Schleimdecke bildet, gehört zu den Urpflanzen aus der Classe der Algetten. Der bewegliche grüne Zustand (früher als ein Geißelinfusorium beschrieben) verwandelt sich unter dem Einflusse des Sonnenlichtes in kurzer Zeit - nach Massart in einer halben Stunde - in den unbeweglichen rothen Zustand und umgibt sich mit einer schützenden Hülle (Cyste). Wenn diese blutrothen Kügelchen dann wieder der Lichtwirkung entzogen werden, können sie sich abermals in den grünen Zustand zurückverwandeln; sie vermehren sich sehr rasch dudrch wiederholte Theilung des einzelligen Körpers.
Nicht weniger interessant und lohnend als dieser Ausflug war derjenige des folgenden Tages nach dem Vulcan P a p a n d a j a n. Da die Entfernungen hier noch eine Stunde mehr in Anspruch nehmen, stand ich schon um 3 1/2 Uhr auf und bestieg um 4 Uhr den dreispännigen, leichten Wagen, der mich in 2 Stunden an den Fuß des Vulcans, nach dem Dorfe T j i s a r u p a n, brachte (1220 Meter über dem Meer). Von hier aus trugen mich 8 Kulis wiederum im Palankin in 3 Stunden zum Krater des Vulcans hinauf.
Der Papandajan (oder "Schmiedeberg") ist einer der berühmtesten und besuchtesten Vulcane Java´s, leicht zugänglich und besonders merkwürdig durch den großen Krater, der viele Solfataren und kochende Quellen enthält. Der Weg hinauf ist, wenigstens im unteren Theile, gut gebaut, seitdem der russische Thronfolger (jetzige Kaiser Nikolaus II.) ihn besuchte; später wurde er auch vom österreischichen Thronfolger, Erzherzug Franz Ferdinand, besucht. Die Distanz vom Dorfe Tjisarupan bis zu dem 2600 Meter hohen Krater beträgt etwa 12 Kilometer. Der unterste Theil des Weges fürht eine lange Strecke durch Kaffee- und Chininpflanzungen, später durch Urwald, der an den von Tjibodas erinnert. Einen interessanten Feigenbaum, der dort häufig war, die Ficus ribes, so genannt, weil die kleinen Feigen zu Tausenden in langen Trauben, ähnlich Johannisbeeren (Ribes), vom Stamm herabhängen, fand ich hier wieder; ebenso die Nepenthes melamphora von Tjiburrum, die windende Kannenpflanze mit den zierlichen rothen Bierseidelchen am Ende der verlängerten Blattspitzen. Dazwischen wieder herrliche Baumfarne und Lianen in Fülle.
Das Wunderland Java ist nicht nur für den Biologen, sondern auch für den Geologen von höchstem Interesse, insbesondere für das Studium der Vulcan-Entwicklung. Von den 51 größeren Feuerbergen, welche in langgestreckter Kette die Insel durchziehen, sind 28 noch heute in Thätigkeit. Trotzdem ich schon in Neapel, in Sicilien, auf den liparischen und canarischen Inseln die wunderbare Bildung der activen Vulcane in mannigfaltigen Formen kennen gelernt hatte, trat sie mir doch hier (ebenso wie gestern auf dem Kawa Manuk) abermals in einer neuen Form entgegen. Schon in weiter Ferne, in Garut, fällt Morgens, wenn das Gebirge klar und wolkenfrei ist, die absonderliche Form des Papandajan auf: ein breiter, mächtiger Doppelkegel mit zwei Spitzen, welche durch einen sehr breiten und tiefen Sattel getrennt sind. Der vordere (nördliche) Rand das Sattels ist tief ausgeschnitten, und man blickt durch diesen Ausschnitt in ein gewaltiges Amphitheater, aus dessen östlichem Theile beständig eine starke Rauchsäule emporsteigt. Der Ausschnitt des gewaltigen Kraterrandes, der 12 Kilometer lang und 4 Kilometer breit ist, stellt die offene Bresche dar, durch welche man bequem in den tiefen Grund des trichterförmigen Kraters eintritt. Diese
Fig. 41. D e r V u l c a n P a p a n d a j a n bei Garut. |
---|
Oeffnung ist die Folge der furchtbaren Explosion vom 12. August 1772, durch welche 40 Dörfer zerstört und 3000 Menschen getödtet wurden. Der ganze Gipfel des gewaltigen Vulcans wurde dabei in die Luft gesprengt, und als Rest blieb der heutige abgestutzte Kegel des Kraters übrig, aus welchem ein Drittel oder ein Viertel der nördlichen Mauer ausgebrochen ist. Durch diese Bresche fließt der dampfende Bach ab, längs dessen Ufern wir heraufgestiegen sind.
Die inneren Wände des ungeheuren Amphitheaters, die sich bis 270 Meter über seinen Boden erheben, sind größtentheils ganz nackt, aus grauen, gelben, rothen oder braunen Lavamassen gebildet. Der hügelige Boden desselben ist mit weißen Sublimaten und gelben Schwefelkrystallen bedeckt und von zahlreichen größeren und kleineren Löchern durchbrochen, aus denen kochendes Wasser und Schwefeldämpfe aufsteigen. Ein zweckmäßig angelegter Pfad führt in vielen Windungen zwischen den brodelnden Kesseln hin und auf Holzstegen oder Baumstämmen über die dampfenden Bäche hinweg, die aus dem durchlöcherten Boden emporquellen. Auch hier müssen wir aufmerksam den Weisungen des uns beqleitenden Führers folgen, um nicht durch einen Fehltritt unser Leben zu gefährden. Die gelbe Schwefelkruste über der Oberfläche vieler Becken ist so dünn, daß man beim Betreten durchbrechen und in der kochenden Masse sicher versinken würde. Aus vielen Oeffnungen strömt Wasser und Schwefeldampf mit solcher Heftigkeit hervor, daß das laute Getöse an das Gebläse einer Schmiede oder Hochofens erinnert: Papandajan ist das sundanesische Wort für Schmiede. An anderen Stellen meint man den Pfiff der Locomotive zu hören; die Eingeborenen nennen sie "Kareta api" = Feuerwagen, d. i. Locomotive. Dazwischen ertönen von Zeit zu Zeit dumpfe unterirdische Donnerschläge, als ob große, schwere Massen in die Höhe gehoben würden und wieder zurückstürzten. Kurz, es ist in dieser Riesenschmiede Vulcans dafür gesorgt, daß nicht nur das Auge, sondern auch das Ohr uns beständig an die unheimliche Gewalt der finsteren, unterirdischen Kräfte erinnert, die hier unter der dünnen, porösen Decke ihr Wesen treiben. Es ist kein Wunder, daß die Eingeborenen diesen Höllenkessel noch mehr als den Kawa Manuk scheuen; sie wollten den Krater nicht betreten und blieben unter dem Schutzdache zurück, daß am Eingang desselben errichtet ist. Besonders gefürchtet sind einige große gelbe Schwefelfelsen, welche einer menschlichen Figur gleichen, einem Mönche mit Kapuze und Kutte oder einer Nonne im faltigen Mantel. Wirklich gefährlich sind übrigens die erstickenden Dämpfe von schwefliger Säure und Schwefelwasserstoff, die mit großer Gewalt aus vielen Löchern des Bodens ausströmen. Als ein plötzlicher Windstoß mir dieselben ins Gesicht trieb, wurde ich von heftigem Husten befallen und mußte sofort flüchten; ich hörte, daß schon öfter Besucher dadurch ohnmächtig geworden und nur mit Mühe gerettet seien. Die Begleitung des ortskundigen eingeborenen Führers ist daher auch hier nicht überflüssig.
Von den höheren Rücken des Sattels, welcher die beiden Kegel des Vulcans verbindet, genoß ich, über Geröll und Lavablöcke empor kletternd, einen vortrefflichen Ueberblick über die wilde Scenerie; da wo die Bresche der nördlichen Wand sich öffnet, zeigte sich in der Ferne über dem Thalkessel von Garut eine Reihe von anderen Vulcanen und darüber prächtige dunkle Monsunwolken. Jetzt begannen aber auch die Wolken, die sich inzwischen in der Nähe gesammelt hatten, mit Regen zu drohen; so trat ich um 1 Uhr den Rückweg an und war um 5 Uhr wieder in Garut.
D i e V e g e t a t i o n d e s P a p a n d a j a n gleicht im Ganzen derjenigen des Kawa Manuk, ist jedoch im oberen Theile viel spärlicher entwickelt. Schon unterhalb der Kraterbresche ist der Baumwuchs sehr reducirt; ein großer Theil des Berggehänges ist mit den blattlosen, schwarzen Stämmen abgestorbener Bäume bedeckt, welche durch die giftigen Dämpfe oder durch den Aschenregen der letzten Eruptionen getödtet wurden. Bis in die Nähe des nackten Kraterbodens gehen nur wenige Pflanzen: Polypodium vulcanicum, Rhododendron retusum und der große Heidelbeerstrauch, Vaccinium varingiaefolium; endlich bleibt der letztere allein übrig. Etwas weiter unterhalb wird ein dürftiger Hain durch eine Akazie mit zarten Fiederblättern gebildet: Albizzia montana. Ihre knorrigen Stämme sind mit zahlreichen runden schwarzen Auswüchsen bedeckt, die die Größe eines menschlichen Kopfes erreichen; diese steinharten Gallen werden durch einen Brandpilz hervorgerufen, eine Uredinee. Weiter unten trat wieder unser gemeiner Adlerfarn auf (Pteris aquilina), und dann erfreuten mich die lichtgrünen dichten Teppiche der schönen Gleichenia.
Um nun auch den nördlichen und westlichen Theil des Thales von Garut kennen zu lernen, fuhr ich früh am nächsten Morgen, 11. Januar, im Wagen nach dem eine Stunde entfernten, vielgerühmten See von B a g e n d i t, dessen Oberfläche dicht mit Lotos und Seerosen bedeckt ist. Sonst fand ich nichts Besonderes an ihm; ich vermuthe, daß er seinen Ruf wohl nur den beliebten Picknick-Partien verdankt, die häufig hierher gemacht werden.
Auf der Rückfahrt bis zum Dorfe Trogon gelangt, schlug ich von hier die Straße ein, die südwestlich nach Tjipannas führt, einem kleinen Badeort mit heißen Quellen, am Fuße eines anderen, noch thätigen Vulcans, des gewaltigen " D o n n e r b e r g e s ", Gunong Guntur. Dieser Vulcan, 1982 Meter hoch, schließt das blühende Thal von Garut, gleich einer Festung mit hohen crenelirten Mauern und Zinnen, gegen West und Nordwest ab. Er erscheint mit drei mächtigen Häuptern gekrönt, von denen das mittlere, höchste, gegen die beiden anderen zurücktritt.. Diesem gegenüber erscheint der weite Krater von einer tiefen Einsenkung durchbrochen, durch welche ein breiter, brauner Lavastrom sich in das grüne Thal herabsenkt. Zahlreiche andere Lavaströme, von schwarzer brauner, violetter Farbe, dazwischen breite, moränenähnliche Steinfelder mit grauen Auswurfsproducten, ziehen strahlenförmig divergirend von den beiden seitlichen Häuptern herab; sie sind von verschiedenem Alter, die jüngeren noch ganz nackt, die älteren mit spärlicher Vegetation bedeckt. Sie bezeugen den unruhigen Charakter dieses Feuerberges, der zu den activsten von Java gehört und noch bis in neueste Zeit unter dumpfem Donnergrollen Massen von Asche, Sand und Steinen in die Luft schleudert. Die reiche grüne Vegetation, welche die meisten anderen Vulcane bis zur Spitze überzieht, ist hier auf einen Theil der älteren Oberfläche beschränkt. Oben zieht sie sich bis zu den zackigen Gipfeln hinauf.
Am östlichen Fuße des Gunong Guntur entspringen fünf heiße Quellen, die als sehr heilkräftig gelten und sowohl von Eingeborenen als Europäern benutzt werden. In dem kleinen, bereits genannten Dorfe T j i p a n n a s ("Warmbrunn") sind sehr primitive Einrichtungen für Bäder getroffen: offene Becken, in denen die Eingeborenen beiderlei Geschlechtes, Alt und Jung, ihre "Gesellschaftsbäder" nehmen und die sehr beliebte Massage prakticiren. In einem einfachen Bambushause liegen neben einander sechs geschlossene Badezellen mit Steinwannen, in denen man für den Preis von 20 Pfennigen ein Bad nehmen kann.
Die zunehmende Mittagshitze ließ mich darauf verzichten, bis zum Rande des Kraters vorzudringen. Statt dessen verwendete ich den Nachmittag, der heute ausnahmsweise regenfrei blieb, zu einer Excursion in den flachen Hügelkranz, welcher den Fuß des Gunong Guntur umgiebt. In demselben finden sich Hunderte von kleineren und größeren Wasserbecken, die von den heißen und kalten Quellen des Vulcans gespeist werden; sie liegen größtentheils terrassenförmig, gleich Reisfeldern, über einander, sind durch niedrige Dämme getrennt, durch Schleusen verbunden und werden von den Eingeborenen als Fischteiche verwerthet. Mehrere derselben waren abgelassen; eine Menge Kinder wateten im Schlamm umher und sammelten, unter Anleitung ihrer Mütter, Massen von kleinen Fischen. Große Körbe voll wurden in die Hütten getragen, die einzeln oder in kleinen Gruppen, von hübschen Gärten umgeben, am Ufer der meisten Teiche stehen.
Die landschaftliche Scenerie dieses vulcanischen Teichlabyrinthes besitzt einen eigenthümlichen Reiz; viele Tausende von großen grauen und braunen Steinblöcken, die der Feuerberg seit Jahrtausenden ausgespieen hat, liegen überall umher, umgeben die Teichränder mit Steindämmen und ragen als Inselchen aus der Wasserfläche empor. Zwischen den nackten Felsmassen hat die unerschöpfliche Triebkraft der Tropensonne eine reiche, grüne Vegetation entwickelt: Bambusen und Bananen, Cocos- und Arengpalmen, Caladium und Manihot gedeihen in uppigster Fülle; und im Schatten der Fruchtbäume liegen am Ufer die malerischen Bambushütten der Malayen. Diese sind hier, wie in den meisten Dörfern des Garutgebietes - und weiterhin in langen Strecken des Preanger Landes - durch die besondere Form ihrer Dächer ausgezeichnet. Der Rücken derselben ist sattelförmig vertieft, während die Ränder der beiden Seitenflächen nicht parallel nach unten gehen, sondern gegen einander convergiren. Am unteren Rande der steile abfallenden Seitenflächen setzt sich ein zweites,nur schwach geneigtes Dach an, welches weit nach außen vorspringt; seine beiden Ränder laufen parallel. Dieses Außendach ist durch mehrere Bambusstäbe gestützt und schützt die breite Vorgalerie der Hütte vor Sonne und Regen; hier lagert auf Matten Tags über die Familie, den verschiedensten häuslichen und familiären Beschäftigungen nachgehend. Die Deckung der Satteldächer besteht auch hier theils aus Bambusmatten, theils auf Apat, den zerfaserten Blattscheiden der Zuckerpalme (Arenga). Ueber den concaven Rücken ist meistens noch eine zottigte Saumdecke gelegt. Ganz besonders malerisch aber erscheinen sie dadurch, daß sich am vorderen und hinteren Ende des Sattels ein paar lange divergirende Stangen gleich Hörnern erheben, die oberen Enden der convergirenden Bambusstäbe, die als Gerippe das Palmendach tragen. Oft hängt unter jedem Hörnerpaar vor dem Dachgiebel ein Bündel mit haarähnlichen Palmenfasern herab, das wie ein Roßschweif aussieht. Auf meine Frage nach der Bedeutung dieses sonderbaren Schmuckes erhielt ich verschiedene Antworten; es scheint, daß die meisten Eingeborenen sie als Schutzmittel gegen das nächtliche Eindringen böser Geister betrachten oder als Abwehrmittel gegen den "bösen Blick" von Feinden; sie erinnern an die Cornichie, an die Hörner, welche in Italien sehr verbreitet sind und gegen das "Mal´ occhio" verwendet werden.
Auch die nächste Umgebung von Garut ist reich an malerischen Punkten und schönen Aussichten, besonders der Weg, welcher südlich gegen Tjikorai und südwestlich gegen Papandajan führt. In der Mitte des Städtchens befindet sich ein großer viereckiger Platz, beschattet von vier riesigen Waringinbäumen. An einer Seite desselben liegt der Palast des malayischen "Regenten", gegenüber derjenige des holländischen "Assistent-Residenten" (der in Wahrheit der active Regent ist); zwischen beiden, an der dritten Seite, eine große mohammedanische Moschee und gegenüber ein Clubhaus (Societeit). Die großen Gärten, welche die meisten Häuser von Garut umgeben, sind gut gehalten, reich an prächtigen Blumen und Bäumen.
Wie gern ich auch noch länger in dem anmuthigen Orte verweilt und seine malerische Umgebung durchstreift hätte, so drängte doch die Zeit, und am 12. Januar Mittags saß ich wieder auf der Eisenbahn, um in sechs Stunden (von 1-7 Uhr) nach Maos zu fahren. Zuerst geht es auf der Zweigbahn zurück nach Tji Batu (Steinbach), dann auf der Hauptbahn ostwärts durch den schönsten und fruchtbarsten Theil des Preanger Gebirgslandes, über Tasik-Malaya und Tji-Amis nach Bandjar.
Fig. 42. D e r V u l c a n T j i k o r a i (2815 Meter). Die großartige, bis oben mit unzugänglichem Urwald bedeckte Pyramide des Tjikorai beherrscht die ganze Südseite des Thales. |
---|
Wieder windet sich die Bahn an den Gehängen und durch die Schluchten grüner Berge hinauf, überschreitet auf hohen Viaducten tiefe Flußthäler und gewährt herrliche Fernsichten nach Norden in das blühende Tiefland. Zu den uns bekannten Vulcanen treten neue gewaltige Feuerberge, Glieder der langen Kette, die ganz Java von Westen nach Osten durchzieht. Später, gegen Bandjar hin, senkt sich die Bahn in vielen Serpentinen abwärts, und wir verlassen das kühle Gebirgsland von Preanger, um in die heiße Tiefebene der Provinz B a n d j u m a s einzutreten.
Die nun folgende Strecke der Centralbahn von Bandjar bis Maos wurde als letztes Verbindungsglied zwischen Ost- und Westjava erst 1895 fertig. Sie führt geradlinig von Nordwest nach Südost, durch ein ganz wildes, größtentheils noch unbebautes Tiefland, das mit dichtem Urwald und Sümpfen bedeckt und wegen seines ungesunden Klimas verrufen ist. Stundenlang geht es zwischen den beiden hohen grünen Mauern hin, welche die Bahn rechts und links einfassen und durch Wassergräben von ihr getrennt sind. In langen Zwischenräumen erscheinen einzelne Wärterhäuser, hier und da die elende Hütte eines Malayen, der im Urwald nach Rotang oder Bambus sucht. Die kleinen Stationen, die meilenweit auseinander liegen und ohne Aufenthalt passirt werden, bestehen auch nur aus wenigen einsamen Häusergruppen. Auch diese liegen meist ganz in Bambus-Gebüsch versteckt.
Der B a m b u s, der wegen seiner mannigfaltigen Nutzanwendung eine so große Rolle in der Oekonomie der Tropenbewohner spielt, bildet hier dichte Wälder und erscheint in vielen verschiedenen Arten. Eine der größten Arten dieser merkwürdigen Baumgräser bildet mit ihren feinen lichtgrünen überhängenden Laufmassen riesige Büsche, welche einer Gruppe von wallenden Straußenfedern gleichen (abgebildet in meinen "Indischen Reisebriefen" auf Taf. VIII). Die Stämme dieses Riesenbambus, dicht gedrängt in großen Büschen beisammen stehend, erreichen bisweilen gegen hundert Fuß Höhe; ihre Blattscheiden (bei unseren einheimischen Gräsern zarte kleine Schuppen) sind hier feste holzige Platten von der Größe eines Cürassier-Panzers.
Wenn man stundenlang durch solche dichte Bambus-Wälder fährt und die botanischen Eigenthümlichkeiten der verschiedenen, hier durch einander wachsenden Pflanzen nicht kennt, wird man eine solche Fahrt - besonders in der brütenden Hitze eines Tropen-Nachmittags - eintönig und langweilig finden. Für den Botaniker aber, der den Charakter der verschiedenen Pflanzengruppen und ihre mannigfaltigen Beziehungen kennt, ist ihre Betrachtung eine unerschöpfliche Quelle des edelsten Naturgenusses und der intellectuellen Anregung.
Auch hier fiel mir wieder die uppige Entwicklung der Lianen und Epiphyten auf, ganz besonders der merkwürdigen K l e t t e r p a l m e n oder Rotang (Calamus Fig. 44). Ihre dünnen, biegsamen Stämme, die über 100 Meter lang werden, schlingen sich in weiten Spiralwindungen um die Stämme der hohen Urwaldbäume, während die langen, mit Widerhaken bewaffneten Angelruthen am Ende ihrer großen Fiederblätter sich an deren Aeste anklammern und von Stamm zu Stamm weiter kriechen. Eine andere Liane zeichnet sich durch die Pracht ihrer großen violettrothen Blüthentrauben aus, die an dem langen, die Bäume umschlingenden Stengel wie künstlich angebrachter Schmuck erscheinen. Auch eine große blaue Winde leuchtete vielfach zwischen den Aesten; sonst war
Fig. 43. S t ä m m e d e s R i e s e n - B a m b u s (Dendrocalamus giganteus). Unten liegen die abgefallenen Blattscheiden. |
---|
von farbigen Blumen wenig zu sehen. Eine hohe Art von Bambus, deren schlanke Stämme der Wind über und durch einander geworfen hatte, war ganz umsponnen von den leuchtenden gelben Blüthentrauben einer gewaltigen Liane. Dazwischen entfalteten wilde Bananenstauden ihre breiten, lichtgrünen Blätter in zierlichen Bogen. So gab es auf dieser einsamen Fahrt immer etwas zu sehen, und ich war keineswegs ermüdet, als wir Abends 7 Uhr in Maos anlangten.
Fig. 44. Kletterpalmen (Rotang) im Urwalde (Calamus). |
---|
Fig. 45. G ö t z e n b i l d e r a u s d e n H i n d u - T e m p e l n v o n B r a m b a n a n. |
---|